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Vorlage - 24/306  

Betreff: Ergebnis der Prüfung, hier: "Kinderfreundliche Kommune"
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilungsvorlage
Verfasser:Schlegel, Monika
Federführend:51 Fachbereich Familie, Bildung und Sport Bearbeiter/-in: Seifert, Johannes
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales, Jugend und Integration Information
27.08.2024 
Sitzung des Ausschusses für Soziales, Jugend und Integration      

Sachverhalt:

 

Mit Vorlage 23/526 hat der Rat folgenden Prüfauftrag beschlossen:

 

„Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, welche Folgekosten über die für den Umsetzungsprozess vorgegebenen Mindestaufwendungen für den städtischen Haushalt über die Jahre entstehen könnten. Dabei sind Erfahrungen aus vergleichbaren beteiligten Städten heranzuziehen, sowie Gespräche mit den betreffenden Akteuren zu führen. Vorlage der Ergebnisse in den Fachausschüssen nach der Sommerpause.“

 

Mit dieser Mittelungsvorlage teilt die Verwaltung die Ergebnisse der Prüfung mit.

 

  1. Informationen zum Verein Kinderfreundliche Kommune e.V.

 

Der Verein „Kinderfreundliche Kommune e.V. wurde von Unicef und dem Deutschen Kinderhilfswerk initiiert. Der Verein hat das Ziel, die Umsetzung der Kinderrechte in deutschen Städten und Gemeinden zu verbessern. Zu diesem Zweck hat der Verein ein mehrjähriges Programm entwickelt, das teilnehmende Städte und Gemeinden durchlaufen. Teil des Programms ist das Siegel „Kinderfreundliche Kommune“, das der Verein an erfolgreich teilnehmende Städte und Gemeinden verleiht. Auch wenn das Siegel die „Kinderfreundliche Kommune“ auszeichnet, sind darunter immer Maßnahmen zu verstehen, die sich an eine Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen richten.

 

Der Verein begleitet die Kommunen auf dem ca. 4,5 jährigen Weg in einem strukturierten Verfahren. Das Verfahren sieht die folgenden Meilensteine vor:

 

        Beschlussfassung zur Programmteilnahme durch den Rat

        Unterzeichnung der vierjährigen Zusammenarbeit mit dem Verein

        umfassende Bestandsaufnahme der Situation vor Ort inklusive einer verwaltungsinternen Analyse sowie einer Befragung von Kindern und Jugendlichen

        Entwicklung eines Aktionsplans als Herzstück des Programms

        Verleihung des Siegels

        Umsetzungsphase des Aktionsplans

 

Im Anschluss an die Umsetzung des ersten Aktionsplans kann das Siegel mit einem weiteren Aktionsplan um drei Jahre verlängert werden.

 

Bundesweit nehmen bisher 59 Kommunen unterschiedlichster Größe an dem Programm teil, u.a. in Niedersachsen Harsum, Algermissen, Wolfsburg im Bundesgebiet z.B. Hanau, Regensburg, Köln, Mannheim. Dabei wird u.a. das Ziel verfolgt,

 

        Kinderrechte und Kindeswohl als Querschnittsaufgabe im gesamten Verwaltungshandeln zu verankern

        Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern

        Maßnahmen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen zu etablieren

        die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu erhöhen

        den Informationsstand über Kinderrechte zu verbessern.

 

  1.  Erfahrungen anderer Kommunen

 

Im Rahmen des Prüfauftrages hat die Fachverwaltung neben der Sichtung verfügbarer Informationen Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Vereins Kinderfreundliche Kommune sowie der Kommunen Hanau, Wolfsburg, Flensburg und Algermissen geführt. Die Auswertung der Gespräche mit den Kommunen lässt sich wie folgt zusammenfassen:

 

        Die Teilnahme am Programm erfordert ein sehr strukturiertes Vorgehen

        Alle Bereiche der Verwaltung müssen hinter dem Vorhaben stehen und in der Steuerungsgruppe aktiv mitwirken

        Die Teilnahme am Programm kostet viel Zeit und Geld

        Der dokumentarische Aufwand und das Berichtswesen sind sehr umfangreich

        Die Ansiedlung der Koordinationsstelle als Stabsstelle bei dem Hauptverwaltungsbeamten hat sich mit Blick auf die Umsetzung bewährt.

        Die Teilnahme am Programm wird von allen Kommunen als fachlich sinnvoll angesehen, um Kinderfreundlichkeit stärker zu etablieren.

        Das Siegel Kinderfreundliche Kommune wirkt sich positiv auf das Standort-Marketing der Kommunen aus.

 

 

  1. Beispielhafte Maßnahmen aus Aktionsplänen anderer Kommunen

 

Beispielhafte Maßnahmen aus den Aktionsplänen der befragten Kommunen sind u.a.

 

        die Einrichtung eines Kinder- und Jugendbüros mit bis zu drei Mitarbeitenden

        die Moderationsausbildung von Mitarbeitenden für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

        die Einrichtung eines selbst verwalteten Jugendfonds

        Beteiligungsveranstaltungen

        der Bau weiterer Kinder- und Jugendspielplätze

        die Verabschiedung einer „Checkliste Kinderrechte“ für Ratsentscheidungen

 

  1.  Sachstand: Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Stadt Hildesheim

 

Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist ein in der Kinderrechtskonvention verbrieftes Recht. Kinder und Jugendliche zur Selbstbestimmung befähigen und sie zu sozialem Engagement anzuregen, ist zentraler Auftrag des SGB VIII. Auf die steigende Bedeutung auch der Demokratieförderung wird verwiesen. In den Kindertagestätten und insbesondere den Jugendhäusern im Stadtgebiet wird diese Beteiligung im Alltag gelebt; Kinder und Jugendliche werden in die Gestaltung des Alltags und der Angebote einbezogen. Davon unbenommen ist dies in vielen weiteren Lebensbereichen noch immer nicht der Fall.

 

Seit 2016 gibt es in Hildesheim das Jugendforum, in dem junge Menschen sich einbringen können. Das Jugendforum verwaltet sich weitestgehend eigenständig. Für die Begleitung des Jugendforums sind seitens der Verwaltung keine Stellenanteile vorgesehen.

 

2022 hat der Landkreis das Jugendparlament eingerichtet. Das Jugendparlament wird landkreisseitig mit einer halben Personalstelle betreut. Dieses auf zwei Jahre gewählte Gremium soll die Interessen und Anregungen der jungen Menschen im Gebiet des Landkreises in den Focus stellen. Das Jugendparlament hat in den Fachausschüssen des Landkreises einen beratenden Sitz und Antragsrecht. Derzeit finden Gespräche über die Zusammenarbeit zwischen dem Jugendbereich der Stadt Hildesheim und dem Jugendparlament statt. Hierbei ist auch die Frage zu klären, wie und ob das gegenwärtige „Nebeneinander“ beider Gremien zielführend und ggf. anzupassen ist.

 

Gremien wie Jugendforum und Jugendparlament sind stark strukturierte Beteiligungsformate, die auf eine dauerhafte bzw. langfristige Mitarbeit angelegt sind. Nicht alle jungen Menschen haben einen unmittelbaren Zugang zu diesen Formaten. Um Jugendliche stärker an Engagement und Beteiligung heranzuführen, sind oftmals niederschwelligere Formate erforderlich.  Beispiele hierfür sind Jugendkonferenzen in Zusammenarbeit mit Schulen oder Planspiele wie „pimp your town“, die junge Menschen mit Kommunalpolitik in Kontakt bringen. Im Bereich Jugend der Stadt Hildesheim wird für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen derzeit kein gesondertes Personal gestellt.

 

  1.  Finanzfolgen: Grobe Kostenschätzung

 

Für die am Programm teilnehmenden Kommunen ist seitens des Vereins zwingend vorgegeben, eine Koordinierungsstelle im Umfang von 0,5 VZÄ (Entgeltgruppe 11b SuE Bruttopersonalkosten in Höhe von 41.400,- € p.a.) einzurichten. Darüber hinaus ist der jährliche Mitgliedsbeitrag in Höhe von 13.000,- € an den Verein zu entrichten. Die für Personal und Vereinsmitgliedschaft entstehenden Kosten von insgesamt 54.400,- € p.a. wären obligatorisch und von hieraus nicht zu beeinflussen.

 

Darüber hinaus sind die für eine „Kinderfreundliche Kommune“ anzunehmenden zusätzlichen Kosten von den Maßnahmen des kommunalen Aktionsplans abhängig. Die Maßnahmen werden von jeder Kommune auf Grundlage der Ist-Situations-Analyse vor Ort geplant – und variieren dementsprechend sehr stark. Einzelne Maßnahmen reichen in ihren finanziellen Auswirkungen von der Entwicklung von Veranstaltungen zum Thema Kinderfreundlichkeit bis hin zur dauerhaften Einrichtung eines Kinder- und Jugendbüros mit drei Mitarbeitenden. Die Spanne der anzunehmenden Maßnahme-Kosten kann nach Auswertung der Gespräche mit den Kommunen Algermissen, Hanau, Flensburg und Wolfsburg bei ganz grober Schätzung mit einer Summe zwischen 10.000,- € und 200.000,- € p.a. beziffert werden. Hinzu kommt, dass die Programmteilnahme insgesamt auch auf eine stärkere Fokussierung der Gesamtverwaltung auf das Thema Kinderfreundlichkeit abzielt. Alle Fachbereiche sind überdies aufgefordert, in Lenkungskreisen mitzuwirken und ihr Handeln auf das Thema Kinderfreundlichkeit zu prüfen. Hier entstehen zusätzliche Personalbedarfe, die allerdings nicht bemessen werden können.

 

Eine Entscheidung über die Teilnahme am Programm muss insoweit von Anfang an einbeziehen, dass neben den obligatorischen Personal-/Mitgliedschaftskosten über 54.400,- € p.a. auch Maßnahmekosten – bei gröbster defensiver Schätzung mindestens 50.000,- € p.a.  - entstehen. Überdies muss die Verwaltung in der Lage sein, das querschnitts- und kampagnemäßig angelegte Projekt der „Kinderfreundliche Kommune“ als zusätzliche Leistung umsetzen zu können.

 

Nach Einschätzung der Verwaltung wäre das Projekt „Kinderfreundliche Kommune“ aus fachlicher Sicht zu begrüßen. Gleichwohl wird mit Blick auf die außerordentlich angespannte Haushalts- und Belastungssituation sowie die erheblichen Personal- und Maßnahmekosten die Einrichtung des mehrjährigen Projektes „Kinderfreundliche Kommune“ nicht empfohlen.

 

 


Anlagen:

 

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