Stadt Hildesheim

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Vorlage - 24/227  

Betreff: Stellungnahme der Verwaltung zur Vorlage 24/162: Auf Antrag der Gruppe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die PARTEI und der Fraktion Die Linke: Modellprojekt "Wege ins Bleiberecht"
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Seyler, Frank
Federführend:32 Fachbereich Bürgerangelegenheiten Bearbeiter/-in: Seifert, Johannes
Beratungsfolge:
Ausschuss für Feuerschutz, Innere Angelegenheiten und Digitalisierung Vorberatung
03.06.2024 
Sitzung des Ausschusses für Feuerschutz, Innere Angelegenheiten und Digitalisierung zur Kenntnis genommen   
Ausschuss für Soziales, Jugend und Integration Vorberatung
04.06.2024 
Sitzung des Ausschusses für Soziales, Jugend und Integration zur Kenntnis genommen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
10.06.2024 
Sitzung des Verwaltungsausschusses der Stadt Hildesheim      
17.06.2024 
Sitzung des Verwaltungsausschusses der Stadt Hildesheim      
Rat der Stadt Hildesheim Entscheidung
17.06.2024 
Sitzung des Rates der Stadt Hildesheim zurückgezogen   

Sachverhalt:

 

Mit Vorlage 24/162 wurde durch die Gruppe SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die PARTEI und die Fraktion Die Linke beantragt, den Beschluss zu fassen, am Modellprojekt „Wege ins Bleiberecht“ teilzunehmen.

 

Dazu nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

 

Eine Duldung ist die Aussetzung der Abschiebung, stellt also keinen Legalaufenthalt im Bundesgebiet dar, sondern lediglich eine Bescheinigung darüber, dass die Abschiebung derzeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann und daher ausgesetzt wird.

 

Die Gründe für die Duldung sind vielschichtig, wie z. B. das Fehlen von Reisedokumenten nach negativem Ausgang des Asylverfahrens, die Verschleierung von Identität und Staatsangehörigkeit oder auch das Begehen von Straftaten.

 

Die Duldung bringt für die Betroffenen deutliche Nachteile gegenüber einem Legalaufenthalt mit sich. Diese sind vom Gesetzgeber jedoch ausdrücklich so gewollt. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang z. B. die fehlenden Möglichkeiten der Aufenthaltsverfestigung sowie des Familiennachzugs, Einschränkungen bei der Erwerbstätigkeit (diese ist jedoch nicht unmöglich), keine Möglichkeit des vorübergehenden Verlassens des Bundesgebietes und natürlich die zumindest latente Gefahr der Abschiebung.

 

In den letzten 6,5 Jahren hat sich die Anzahl der in Hildesheim lebenden Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit um ca. 40 % erhöht, nämlich von ca. 13.300 Menschen zum Stichtag 31.12.2017 auf ca. 18.600 Menschen zum Stichtag 30.04.2024 (s. Diagramm 1).

 

 

 

Zunächst wäre es naheliegend anzunehmen, dass auch die Anzahl der Personen mit Duldung sich entsprechend entwickelt hat. Tatsächlich ist deren Anzahl aber heute mit 254 Personen nahezu identisch mit der aus dem Jahre 2017 mit 250 Personen, auch wenn es zwischenzeitlich einige Schwankungen gegeben hat (s. Diagramm 2):

 

 

Dementsprechend hat sich die so genannte Duldungsquote erheblich verringert, nämlich von 1,88 % Ende 2017 auf aktuell 1,35 %, s. Diagramm 3.

 

 

Die hiesige Duldungsquote entspricht nahezu exakt dem Bundesdurchschnitt von 1,33 % und liegt deutlich unterhalb des Landesdurchschnitts von 1,55%, so dass sich hier kein Problemfeld aufdrängt.

 

Es ist zunächst festzuhalten, dass eine Duldung nur erteilt oder erneuert werden darf, wenn keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Das bedeutet, dass jedes Mal von der Ausländerbehörde zu prüfen ist, ob statt der Duldung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, was von der Ausländerstelle der Stadt Hildesheim schon immer gewissenhaft so praktiziert wurde.

 

Vom Bundesgesetzgeber wurde darüber hinaus Ende 2022 das so genannte Chancen-Aufenthaltsrecht für Langzeitgeduldete geschaffen, welches zeitlich befristet vom 31.12.2022 bis 30.12.2025 Gültigkeit hat und von der Ausländerstelle konsequent angewandt wird.

 

Demnach soll einer Person im Duldungsstatus eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn:

 

        sie sich am 31.10.2022 seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten hat

        sie sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt

        sie keine vorsätzlichen Straftaten begangen hat mit Ausnahme von Bagatellstrafen (bis 50 bzw. 90 Tagessätze)

        nicht wiederholt und vorsätzlich falsche Angaben zu Identität oder Staatsangehörigkeit zur Verhinderung der Abschiebung gemacht wurden

 

Unmittelbar nach Inkrafttreten dieser Vorschrift wurden alle Personen im Duldungsstatus, welche die zeitlichen Voraussetzungen erfüllten, proaktiv von der Ausländerstelle der Stadt Hildesheim angeschrieben und auf die Möglichkeit einer entsprechenden Antragstellung hingewiesen.

 

Als Zwischenergebnis haben bis heute 104 Personen in Form einer Aufenthaltserlaubnis von der Regelung profitieren können.

 

Eine jüngst vorgenommene interne Auswertung der Ausländerstelle (diese kann leicht von den o.a. Zahlen des AZR abweichen) hat ergeben, dass derzeit 262 Personen im Besitz von Duldungen sind.

 

Von diesen 262 Personen

 

        erfüllen 152 Personen die zeitlichen Voraussetzungen für das Chancenaufenthaltsrecht nicht

        erfüllen 52 Personen Ausschlussgründe als Folge von relevanten Straftaten oder einer Identitätstäuschung

        haben 15 Personen Anträge nach anderen Rechtsgrundlagen gestellt, welche sich derzeit in der Bearbeitung befinden

        haben 38 Personen bereits einen Antrag auf das Chancen-Aufenthaltsrecht gestellt oder haben nach entsprechender Information von der Antragstellung bisher abgesehen

 

 

Folglich sind derzeit nur fünf geduldete Personen nicht in der Bearbeitung, was den zu erwartenden Aufwand für das Projekt keinesfalls rechtfertigen dürfte, zumal als Ergebnis der Auswertung auch diese fünf Personen demnächst direkt angesprochen werden sollen.

 

Zusammenfassend wird deutlich, dass für die Teilnahme der Stadt Hildesheim am Projekt bedingt durch das zielgerichtete und effiziente Handeln der Ausländerstelle offensichtlich kein Bedarf besteht. Die Ausländerstelle geht proaktiv auf den in Frage kommenden Personenkreis zu und hat bereits beachtliche Erfolge erzielen können, welche sich aller Voraussicht nach weiter fortsetzen werden. Die durch das Projekt angestrebte Verringerung der Duldungen um 30 % ist nahezu erreicht und wird voraussichtlich übertroffen werden.

 

Darüber hinaus wäre der sich aus dem Projekt ergebende und aus den o.a. Gründen unverhältnismäßige Aufwand derzeit von der Ausländerstelle schlicht nicht leistbar. So wird am 27.06.2024 das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft treten, welches dazu führen wird, dass sich zumindest in den ersten Jahren die Antragszahlen vervielfachen werden. Erhebliche Arbeitsrückstände werden demnach unvermeidlich sein werden die ohnehin angespannte Lage in der Ausländerstelle noch deutlich verschärfen.

 

Vor diesem Hintergrund wäre es nahezu unverantwortlich, irgendeine zusätzliche, rein freiwillige Aufgabe zu übernehmen, welche letztlich als „Nebenwirkung“ eine weitere Verlängerung der Bearbeitungszeiten aller ausländerrechtlichen Anträge mit sich bringen würde. Nicht zuletzt würde die Übernahme einer zusätzlichen Aufgabe während der laufenden Aufgabenkritik einen nicht vermittelbaren Anachronismus darstellen.

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Die Stadt Hildesheim wird am Modellprojekt „Wege ins Bleiberecht“ nicht teilnehmen. Die Verwaltung wird stattdessen bis auf Weiteres alle sechs Monate zum Sachstand, insbesondere zur Anzahl der Personen im Duldungsstatus, im Fachausschuss berichten.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

ja, in der Vorlage erläutert

x

nein

 

 

 (dann Folgekostenabschätzung erstellen)

 

 

 

Personelle Auswirkungen:

 

ja, in der Vorlage erläutert

x

nein

 

 

 (dann FB 11 beteiligen)

 

 

 

Demografische Auswirkungen:

 

ja, in der Vorlage erläutert

x

nein

 

 

 (unter Einbeziehung der Komponente des Demografie-Checks)

 

 

 

Nachverfolgung:

 

ja, dann

x

nein

 

 

 

voraussichtliches/r Datum bzw. Zeitraum der Umsetzung

 


Anlagen:

 

///

 

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