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Sachverhalt:
Lärm ist in den Städten einer der größten Umwelt- bzw. Gesundheitsprobleme, denn Lärm kann - besonders wenn die Nachtruhe beeinträchtigt wird - nicht nur störend, sondern gesundheitsschädlich wirken. Darüber hinaus ist der Straßenverkehrslärm gleichzeitig Synonym für andere negative Wirkungen des Verkehrs, wie z. B. Abgas-, Staub- und Erschütterungsbelastungen. Auf Grundlage der EU-Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärmrichtlinie), sowie der darauf Bezug nehmenden gesetzlichen Regelungen im Bundesimmissionsschutzgesetz, sind für Ballungsräume mit mehr als 100.000 Einwohnern, strategische Lärmkarten zu erstellen.
Die Stadt Hildesheim ist aufgrund der EU-Richtlinie verpflichtet, Lärmkarten zu erstellen und einen Lärmaktionsplan zu erarbeiten. Dies geschah im Zeitraum von 2012 bis 2014. Derzeit wird der Lärmaktionsplan aktualisiert. Sinn der sogenannten "EU-Umgebungslärmrichtlinie" ist es, "schädliche Lärmbelästigungen zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern". Daher wurden Untersuchungen zur bestehenden Lärmsituation angestellt, um geeignete Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Verbesserung der Lebensqualität zu entwickeln.
Im Rahmen der Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie wurden für Hildesheim dazu strategische Lärmkarten für die Lärmindizes Lden (Tag) und Lnight (Nacht) erarbeitet. Auf dieser Grundlage wurden im Lärmaktionsplan Maßnahmen entwickelt, die geeignet sind, die Lärmsituation in der Stadt Hildesheim zu verbessern und negative gesundheitliche Auswirkungen durch Lärm zu reduzieren. Entsprechend bilden Maßnahmen zur Vermeidung von Kfz-Verkehren, räumliche Kfz-Verkehrsverlagerung, Verstetigung des Verkehrsablaufes, sowie zur Verbesserung der Fahrbahnoberflächen, wesentliche Themenschwerpunkte des Lärmaktionsplanes.
Aufbauend auf einer Analyse der Schallimmissionssituation und Betroffenheiten, der Sichtung und Bewertung bestehender Planungskonzepte, sowie von Vor-Ort-Erhebungen der straßenräumlichen und verkehrlichen Bestandssituation, wurden Maßnahmen entwickelt, die zur Verbesserung der Umweltbedingungen und damit gleichzeitig der Aufenthalts-, Wohn- und Umfeldqualität im Stadtgebiet Hildesheim beitragen sollen.
In Hildesheim, wie in vielen anderen Städten auch, ist der Straßenverkehr Lärmverursacher Nummer eins. Im Bestand sind nachts rund 7.500 Einwohner von Lärmpegeln von mehr als 55 dB(A) und bezogen auf den Gesamttag rund 7.300 Einwohner von Lärmpegeln über 65 dB(A) betroffen. Für eine dauerhafte Exposition mit entsprechenden Lärmpegeln sind negative gesundheitliche Folgen statistisch nachweisbar. Bislang existieren im Rahmen der EU-Umgebungslärmrichtlinie keine Lärmgrenzwerte.
Gemäß den Lärmschutz-Richtlinien-StV, welche als Orientierungshilfe zur Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen für die zuständigen Behörden dienen sollen, ist die Grenze des zumutbaren Verkehrslärms nicht durch gesetzlich bestimmte Grenzwerte festgelegt, sondern im Einzelfall zu klären. Straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen kommen besonders in Betracht, wenn der vom Straßenverkehr herrührende Beurteilungspegel am Immissionsort eine der folgenden Richtwerte überschreitet: In reinen und allgemeinen Wohngebieten, Kleinsiedlungsgebieten sowie an Krankenhäusern, Schulen, Kur- und Altenheimen 70 dB(A) zwischen 6.00 und 22.00 Uhr (tags) und 60 dB(A) zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (nachts). In Kern-, Dorf- und Mischgebieten 72 dB(A) zwischen 6.00 und 22.00 Uhr (tags) und 62 dB(A) zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (nachts). In Gewerbegebieten 75 dB(A) zwischen 6.00 und 22.00 Uhr (tags) und 66 dB(A) zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (nachts). Das ist im Bereich der Marienburger Straße der Fall.
Die verkehrliche Anbindung der Stadt Hildesheim an das überregionale Straßennetz wird vorrangig durch die das Kernstadtgebiet östlich tangierende A 7, sowie die Bundesstraßen B 1, B 6, B 243 und B 494, bzw. mehrere Landesstraßen gewährleistet. Östlich der Innerste bildet die L 491 eine wichtige Parallelverbindung, u. a. als Haupterschließungsachse für die Stadtteile Marienburger Höhe und Itzum. Die L 491 (Marienburger Straße) gehört damit zum Vorrangnetz für die Abwicklung des Kfz-Verkehrs.
Eine Maßnahmemöglichkeit zur Reduzierung der Lärmbetroffenheiten, verursacht durch den Kfz-Verkehr, ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Dabei werden vielerorts Tempo-30-Zonen eingeführt, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, den Verkehrslärm zu mindern und die Feinstaubbelastung zu reduzieren. In vielen Lärmaktionsplänen wurde deshalb Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen, als eine Maßnahme zur Lärmminderung - vor allem zum Schutz der Nachtruhe - vorgeschlagen. Allein die ohne größere Kosten umsetzbare Einführung von Tempo 30 - Geschwindigkeitsbeschränkungen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr, bringt eine Verringerung von etwa 3dB(A), wodurch das Verkehrsaufkommen als um etwa 50 % verringert wahrgenommen wird. Da eine entsprechende Reduzierung der Verkehrsmengen bzw. die Umsetzung von Maßnahmen mit ähnlichen Lärmminderungseffekten in vielen Fällen gar nicht bzw. oft nur mit hohem finanziellen, organisatorischen und planerischen Aufwand langfristig erreicht werden kann, ist mit Hilfe von Geschwindigkeitsbegrenzungen ein effektiver Gesundheitsschutz für die Anwohner*innen mit einem hohen Kosten-Nutzen-Verhältnis kurzfristig möglich. In den Nachtstunden wäre lediglich eine geringe Zahl Verkehrsteilnehmer*innen (ca. 5 % der normalen Tagesbelastung) von den Geschwindigkeitsbeschränkungen betroffen. Dem gegenüber stünde ein besonderer Schutzbedarf der Bevölkerung zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (Nachtruhe) und häufig eine hohe Zahl von Einwohnern*innen, die von gesundheitsschädlichen Auswirkungen durch Lärm entlastet würden.
Auf Grundlage der Betroffenheitssituation wird im Lärmaktionsplan von Hildesheim eine nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzung für die Marienburger Straße zwischen Struckmannstraße und Soltaustraße empfohlen.
Generell sollten alle Geschwindigkeitsbegrenzungen, die speziell zum Zwecke der Lärmminderung angeordnet werden, durch die Verwendung des Zusatzzeichens "Lärmschutz" erläutert werden. Hauptziel dieser Maßnahme ist es, die Notwendigkeit der reduzierten Geschwindigkeit zu verdeutlichen und damit die Verständlichkeit und Akzeptanz der Maßnahme zu erhöhen.
Die Validität der vorliegenden Lärmmesswerte ist zu überprüfen.
Hinsichtlich der Realisierbarkeit der Geschwindigkeitsbegrenzungen ist zu beachten, dass diese unter folgenden zwei Vorbehalten steht:
Vorbehalt 1: Verkehrsbehördliche Ermessensentscheidung
Vorbehalt 2: Förderschädlichkeit
Beide Vorbehalte müssen zeitnah ausgeräumt werden.
Der Ortsrat sollte in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema betraut werden.
Beschlussvorschlag:
Die im Lärmaktionsplan aufgeführte nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 22.00 bis 6.00 Uhr für den Straßenabschnitt Marienburger Straße - zwischen Struckmannstraße und Soltaustraße - ist umzusetzen.
Alle möglichen Umsetzungshindernisse sind bis zur nächsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses zu benennen.
Die Umsetzung dieser Geschwindigkeitsbegrenzung muss innerhalb des nächsten Halbjahres erfolgen.
Anlage/n:
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