|
|
A. Allgemeines
Mit dem Begriff „demographischer Wandel“ (DW) wird die Veränderung in der Zusammensetzung der Altersstruktur einer Gesellschaft bezeichnet. Der Begriff ist zunächst weder positiv noch negativ behaftet und kann sowohl eine Bevölkerungszunahme als auch eine Bevölkerungsabnahme bezeichnen. Die demographische Entwicklung wird dabei von folgenden 3 Faktoren beeinflusst:
? der Geburtenrate,
? der Lebenserwartung,
? dem Wanderungssaldo bei der Bevölkerung.
Geburtenrückgang, Überalterung und (Zu)Wanderung der Bevölkerung sind somit die Elemente, die unsere Gesellschaft zukünftig verändern werden. Sich darauf zukunfts-orientiert einzustellen, ist die große Herausforderung für Verwaltung und Politik der nächsten Jahre.
Dieses gilt umso mehr, als dass sich die Folgen des demographischen Wandels (DW) auf viele Handlungsfelder der kommunalen Selbstverwaltung auswirken und dabei so vielschichtig sind, dass es zu ihrer Problemlösung einer dezernatsübergreifenden Zusammenarbeit bedarf.
Mit Übertragung der Aufgabe Demographie an Dez. B und Übernahme als Querschnittsaufgabe durch FB 32.3 (Statistik und Wahlen) wurde als konzeptionelle erste Maßnahme eine Arbeitsgruppe gebildet. Diese hat sich zur Aufgabe gemacht, die sich aus den Folgen des DW zwingend ergebenden Erkenntnisse in Verwaltungsprozesse einzubringen, notwendige Handlungsschwerpunkte zu erkennen und Umsetzungsvorschläge zu erarbeiten.
Hierbei soll der demographische Wandel ausdrücklich nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance erkannt und genutzt werden.
In einer ersten Sitzung am 24.04.2012 befasste sich die Arbeitsgruppe mit dem Thema, in welchen Bereichen und mit welcher Intensität sich die einzelnen Fachbereiche schon jetzt mit den Folgen des DW in ihrer täglichen Arbeit befassen.
B. Derzeitige Situation in der Stadt Hildesheim
Das Ergebnis der ersten Arbeitsgruppensitzung hat folgenden Sachstand ergeben:
FB 50.3, Pflege und Senioren
Mit dem Ratgeber „Aktiv ins Alter“ werden im Seniorenbereich gezielt Wege aufgezeigt, wie man auch in diesem Lebensabschnitt aktiv sein Leben gestalten kann. Über das Seniorenservicebüro ist eine Plattform geschaffen, auf der sich „Alte“ für Ältere engagieren können. Bei der Pflege sei der Fokus auf die ambulante Betreuung gerichtet, bei der die zu pflegenden Personen in ihrem gewohnten Wohnumfeld verbleiben könnten. Ziel sei es, die ambulante Pflege – nicht zuletzt aus Kostengründen - gegenüber der stationären Pflege auszuweiten.
FB 11 Personal
Dieser Fachbereich ist in der Arbeitsgruppe als städtischer Arbeitgeber vertreten. Da der Altersdurchschnitt der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derzeit bei über 40 Jahren liegt, ist man als Arbeitgeber gefordert. Schon jetzt hat innerhalb der öffentlichen Verwaltungen der Wettbewerb um geeignete Mitarbeiter/innen begonnen. Um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden, wurde z.B. die Stelle Personalentwicklung wieder besetzt. Seit einigen Jahren organisiert die Stadtverwaltung einen Gesundheitstag, an dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgefordert sind, teilzunehmen. Auf die Gesunderhaltung, insbesondere älterer Mitarbeiter, muss verstärkt der Fokus gerichtet sein.
FB 61 Stadtplanung
Dieser Fachbereich befasst sich schon lange mit den Auswirkungen des DW. Das im Jahre 2007 vom Stadtrat beschlossene „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ mit der Leitlinie „100 plus„ enthält schon Ziele und Leitlinien, die von den Folgen des sich damals abzeichnenden DW abgeleitet sind. Aus Sicht des Fachbereiches sei es weniger der negative Bevölkerungstrend (wenn er sich bestätigen würde), auf den die Stadt den Fokus richten sollte. Das Augenmerk sollte vielmehr auf die sehr negative Entwicklung der Wachstumsrate bei der Altersgruppe der 35- bis 45- Jährigen gelegt werden. Hier gelte es, diese ausgebildeten und mitten in ihrer beruflichen Laufbahn stehenden Mitbürger/innen durch ein Angebot an zukunftsfähigen Arbeitsplätzen als Bürger/innen der Stadt zu halten. Dadurch könnte die Wachstumsrate in dieser Altersgruppe stabilisiert und so ihr Abwanderungstrend gestoppt werden.
Beim Wohnraum gehe die Nachfrage nach Einfamilienhäusern zurück. Gestiegen sei indessen die Nachfrage aus dem Kreis der 55- bis 60-Jährigen nach geeignetem Wohnraum, weil diese ihren aktiven 3.Lebensabschnitt wieder in der Stadt verleben möchten.
Diese Nachfrage sollte durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit (Marketing) begleitet und die schon heute von der Stadt dazu bereitgestellten Angebote gezielt aufgezeigt werden.
FB 63.3, Umweltangelegenheiten/Abfall
Die Herausgabe des jährlichen Abfall- und Umweltkalender in verschiedenen Sprachen durch den ZAH ist u.a. Ergebnis der Überlegungen zum DW. Auch ist das Verfahren zur Bereitstellung der Abfalltonnen (Straßenrand/Grundstück) mittelfristig zu überdenken.
Zu einem lebenswerten Wohnumfeld gehörten gepflegte Freizeitflächen sowie Park- und Grünflächen.
FB 51.2, Schule/Sport
Die sich ändernde Schullandschaft und die damit verbundenen Änderungen bei den Schulangeboten sind Auswirkungen des DW. Vorrangiges Thema hierbei ist derzeit die Inklusion. Der durch sinkende Schülerzahlen freiwerdende Schulraum wird hierfür benötigt. Daher wäre eine Konzeption, die aus der Folgerung, weniger Schüler gleich weniger Schulraum, die Schließung von Schulstandorten als Ergebnis hätte, kontraproduktiv. Aus Fachbereichssicht benötige die Migration vermehrt Sprachförderung und die Vorschaltung eines Schulkindergartens und somit das 5. Grundschuljahr.
Im Sportbereich sind mit der Umsiedlung von Sportvereinen und einer Reduzierung von Sportflächen bereits erste Schritte zur Bewältigung der Folgen des DW eingeleitet.
FB 41, Integration/Kultur
Das vom Stadtrat am 27.03.2006 beschlossene Integrationskonzept ist Ausfluss des DW. Die hier festgelegten Ziele seien auf ihre Umsetzung hin zu überprüfen. Ein darin enthaltenes Ziel ist der Aufbau eines ehrenamtlichen Integrationsdienstes (Integrationslotsen) gewesen. Dieser Aufbau ist inzwischen erfolgt. Es wird angeregt, die Ergebnisse des im November 2011 abgehaltenen Zukunftskongresses in die Überlegungen dieser Arbeitsgruppe mit einzubeziehen.
FB 51.1, Jugend
Aus Sicht des Fachbereiches ist es bedenklich, dass etwa 50% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Nordbereich der Stadt leben würden.
Grundsätzlich ist der Bereich Jugend schon jetzt gesetzlich aufgefordert, sich mit der Bevölkerungsentwicklung zu befassen. Ähnlich wie im Schulsektor wäre auch hier erforderlich, den wegen sinkendem Bedarf im Bereich Kindergarten freiwerdenden Raum auf den Krippenbereich umzulegen.
C. Fazit und Ausblick
Als nächstes sind regelmäßige Treffen der Arbeitsgruppe geplant, mit der Absicht, in den laufenden Prozess der Aktualisierung von städtischen Plänen, Konzepten und Leitlinien die aktuellen Entwicklungen im Bereich des DW, z.B. auf Grund statistischer Erhebungen, einzubringen.
Mittelfristig soll ein Strategiepapier Demographie entwickelt und vom Rat beschlossen werden. In die Überlegungen zu diesem Strategiepapier werden die zwischenzeitlich vom Land Niedersachsen beschlossenen Konzepte Eingang finden.