Stadt Hildesheim

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Vorlage - 11/457  

Betreff: Petition "Grüner Strom für Hildesheim"
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilungsvorlage
Verfasser:Bartosch, Christoph
Federführend:65 Fachbereich Gebäudemanagement Beteiligt:17 Amt für Öffentliche Aufträge
Bearbeiter/-in: Dorn, Dennis   
Beratungsfolge:
Rat der Stadt Hildesheim Information
05.09.2011 
Sitzung des Rates der Stadt Hildesheim zur Kenntnis genommen   
Verwaltungsausschuss Entscheidung

Sachverhalt:

 

An den Stadtrat, sowie OB Kurt Machens wurde eine Petition gerichtet, in der der Petent Roland Miyamoto aus Hildesheim, vorschlägt, zukünftig für die Versorgung aller Liegenschaften der Stadt Hildesheim „Grünen Strom“ zu beschaffen. Die Petition, die als elektronische Petition online eingegangen ist, war vom 24.05.2011 bis 20.06.2011 öffentlich im Internet zur Unterschrift freigegeben und enthält eine Unterschriftenliste mit 1.431 Unterschriften.

 

Wortlaut der Petition:

1.        Die Stadt Hildesheim möge beschließen, die Hildesheimer Schulen und alle anderen öffentlichen Gebäude der Stadt Hildesheim (Kindertagesstätten, Altersheime, Verwaltungsgebäude etc.) ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt zu 100% mit grünem Strom zu versorgen. Als grüner Strom im Sinne dieser Petition soll gelten CO2-neutraler Strom aus regenerativen Energiequellen; dazu gehört ausdrücklich kein durch Kernspaltung erzeugter Strom. Hierzu muss die Energieversorgung in entsprechender Weise öffentlich ausgeschrieben werden. Es sollen dabei nur Energieversorger berücksichtigt werden, die ausschließlich grünen Strom vertreiben.

 

2.        Außerdem fordern wir die Stadt Hildesheim auf, Anbieter und Vertragsbedingungen (insbesondere etwaige Kündigungsfristen und Vertragsbindung) ihrer derzeit bestehenden Energieversorgung sowie die Verbrauchswerte des Jahres 2010 unverzüglich offen zu legen, am einfachsten durch Veröffentlichung des momentan wirksamen Vertrages sowie der jüngsten Energieabrechnungen.

 

Begründung der Petition:

 

Grüner Strom unterscheidet sich preislich nicht wesentlich von konventionellem Strom, und seine Vorteile für Umwelt und nachhaltige Lebensqualität sind hinlänglich bekannt. Unsere Nachbarstadt Göttingen vollzog den Wechsel nach Auslauf ihres bisherigen konventionellen Vertrages bereits im Jahr 2007. Nach einer entsprechenden Ausschreibung hat sie dem Ökostrom-Anbieter Lichtblick den Zuschlag gegeben, der seitdem alle öffentlichen Gebäude Göttingens (Schulen, Kitas, Altersheime etc.) mit grünem Strom versorgt. Zur Ausschreibung hatte Göttingen nur Anbieter zugelassen, die, wie Lichtblick, ausschließlich grünen Strom vertreiben und weder mit fossiler Energie noch mit Kernenergie in irgendeiner Weise in Verbindung stehen. Nur so wird sichergestellt, dass der grüne Strom nicht durch bloße Verlagerung zwischen verschiedenen Stromkunden entsteht. Der Punkt (2) zielt auf eine größtmögliche Transparenz des Verfahrens für die Bürgerinnen und Bürger.

 

Ende Wortlaut

 

Zusammenfassung:

 

Bei der Petition sind folgenden Themen zu berücksichtigen:

1.        Ab wann ist der Bezug von "Grünem Strom" durch die Stadt Hildesheim möglich.

 

2.        Die Berücksichtigung ausschließlich von Energieversorgern, die nur "Grünen Strom" anbieten.

 

3.        Wirtschaftliche Auswirkung der Ausschreibung von „Grünem Strom“

 

4.        Die Veröffentlichung bestehender Vertragsbedingungen, Vertragspartner und Energieverbrauchswerte des Jahres 2010.

 

5.        Recherche der Stromausschreibung bei der Stadt Göttingen

 

Zu Pkt. 1

 

Nach der Stromausschreibung im Jahr 2010 hat die Stadt Hildesheim einen Stromliefervertrag mit EON-Avacon abgeschlossen. Die Laufzeit des Vertrages beträgt zwei Jahre. Der Vertrag verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn 9 Monate vor Vertragsende, eine der Vertragsparteien den Vertrag nicht kündigt. Die nächste Ausschreibung wird voraussichtlich im Jahr 2012 für die Jahre 2013/2014 durchgeführt. Damit ist der frühestmögliche Termin für den Bezug des „Grünen Stroms“ der 01.01.2013

zu Pkt. 2

Nach dem GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) ist eine Beschränkung der Bieter auf Unternehmen die ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen anbieten unzulässig. Dies ist im § 97 Abs. 4 GWB geregelt. Es muss die Ware als solche (hier Strom) definiert und detailliert beschrieben werden. Bietet ein Atomanlagenbetreiber „Grünen Strom“ an, kann er von der Ausschreibung nicht ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss eines Bieters auf Grund der Produktion oder dem Vertrieb des Stroms aus nicht regenerativen Energiequellen wie auch der Kernenergie ist nicht möglich.

zu Pkt. 3

Die Stadt Hildesheim bezieht für ihre Liegenschaften inklusive der Straßenbeleuchtung eine Gesamtmenge von ca. 11 Mio. kWh Strom jährlich. Die reinen Stromkosten, ohne Stromsteuer, ohne EEG- und KWK-Zuschläge, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz erhoben werden, und ohne 19% MwSt. belaufen sich auf die Summe von ca. 1,1 Mio. Euro. Es handelt es sich dabei um einen öffentlichen Auftrag von Leistungen (Stromlieferung), der nach § 1 VOL/A der europaweiten öffentlichen Ausschreibung unterliegt, da der Schwellenwert in Höhe von 193.000,-€ überschritten ist.

Nach Recherchen der anderen Kommunen wird erwartet, dass die Mehrkosten gegenüber dem konventionell erzeugten Strom den Betrag von 0,5ct/kWh nicht übersteigen. Eine Garantie dafür gibt es jedoch nicht. Angenommen die Mehrkosten belaufen sich tatsächlich auf 0,5ct/kWh würde dies bei einem Jahresbezug der Stadt Hildesheim von ca. 11.000.000 kWh würde dies Mehrkosten in Höhe von ca. 55.000 € bedeuten. 

Dies bedeutet eine Steigerung der derzeitigen Bezugspreise von 6,2%. Zuzüglich 19% Mehrwertsteuer (10.500 €) ergib sich ein Gesamtmehrbetrag von voraussichtlich 65.500 € jährlich.

zu Pkt. 4

Die Stadt Hildesheim hat in den letzten Jahren bei allen bis jetzt durchgeführten Ausschreibungen sowohl bei Strom als auch Gas die Inhalte des Auftrags­ und auch den entsprechenden Energielieferanten  bekanntgemacht. Die Angaben wurden im Supplement  dem Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Veröffentlichung ist nach dem Vergaberecht zwingend notwendig. Alle Angaben sind im Internet auf der Seite „www.ted.europa.eu“ für jeden zugänglich. Eine Veröffentlichung der Vertragsdetails oder die Veröffentlichung der Verträge ist vergaberechtlich nicht vorgesehen.

 

zu Pkt. 5

 

Der FB 65 hat über die Ausschreibung der Stadt Göttingen aus dem Jahr 2007, die in der Begründung der Petition erwähnt wurde, Informationen eingeholt. Im Jahr 2007 wurde nicht wie in der Petition angegeben „Grüner Strom“ ausgeschrieben, sondern es wurde in den Beschaffungskriterien definiert, dass Atomstrom als Energiequelle ausgeschlossen wird. Die Bieter hatten Bescheinigungen und Zertifikate den Angeboten beigefügt, dass die angebotene Strommenge nicht durch die Nutzung der Kernenergie erzeugt wurde. Dies war aber kein Kriterium, um Bieter, die auch Strom aus der Kernenergie erzeugen oder vertreiben, von der Ausschreibung fern zu halten. Nach der Auswertung der Angebote konnte festgestellt werden, dass die angebotenen Preise mit den damals üblichen Preisen fast gleich waren. Der Zuschlag wurde damals dem Unternehmen „Lichtblick“ erteilt. Die Stadt Göttingen bereitet z.Z. eine neue Ausschreibung vor. Eine Beschränkung der Bieter wird es auch in Zukunft bei der Stadt Göttingen nicht geben. Es wird auch in Göttingen erwartet, dass die Mehrkosten gegenüber dem konventionell erzeugten Strom den Betrag von 0,5ct/kWh nicht übersteigen.

 

Handlungsoptionen:

 

Der Petition kann rechtlich nicht in allen Punkten entsprochen werden. Ein Ausschluss von Unternehmen, die nicht ausschließlich Strom aus regenerativen Quellen beziehen, ist vergaberechtlich nicht zulässig. Die geforderte Veröffentlichung von Vertragsdetails sieht das Vergaberecht ebenfalls nicht vor.

Grundsätzlich ist eine Ausschreibung von `grünem Strom´ ohne Bietereinschränkung jedoch möglich. Es ist hierfür allerdings mit Mehrkosten zu rechnen. Um das Mehrkostenrisiko klein zu halten, wäre es denkbar innerhalb einer Stromausschreibung sowohl Strom aus konventionellen als auch aus regenerativen Quellen zuzulassen. Es könnte eine `Kostenbremse´ festgeschrieben werden, nach der der `grüne Strom´ nur beschafft wird, sofern er nicht mehr als x% Mehrkosten im Vergleich zum konventionell erzeugten Strom verursacht. Letztere Option wird dem Anliegen der Option ggf. nicht entsprechen können, doch bleibt das Mehrkostenrisiko überschaubar.


Anlage/n:

 

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